Ausgangslage
Eine oft angebrachte Kritik an der vermehrten Umstellung auf digitale Kommunikation scheint der Verlust des Körpers zu sein: Die somatische Dimension soll scheinbar verloren gehen in digitalen Dialogräumen, in Zoom-Calls, Videokonferenzen und -Präsentationen. Dieser aussichtslosen Behauptung wollen Mandy Fabian und Oliver Mannel, beide Dozierende im BA Theater und Expert:innen für Auftrittskompetenz, widersprechen. Selbst wenn wir uns gegenseitig durch den Filter eines Bildschirms wahrnehmen und in eine qualitativ zweifelhafte Kamera zueinander sprechen, so sind wir – zumindest aus der eigenen Perspektive heraus – immer noch situiert in einem Körper. Statt diese Tatsache zu verleugnen, weil wir andere Körper nicht mehr so direkt wahrnehmen, wollen Fabian und Mannel, dass wir uns – gerade im virtuellen Raum – mehr auf unseren eigenen Körper und dessen Sprache konzentrieren.
Umsetzung
Das Experimental Learning Lab wird damit eingeläutet, dass Erfahrungen im Umgang mit der digitalen Lehre und digitalen Präsentationen geteilt werden. Mehrere Teilnehmende beschreiben, dass die fehlenden Reaktionen der Zuhörer:innen – oder das Unvermögen, diese lesen zu können – sie auf sich selber zurückwerfen, wodurch sie verunsichert sind und sich zu stark auf die Präsentationsform und zu wenig auf den Inhalt konzentrieren. Das kleine Zoom-Fenster, das uns selbst abbildet, füttert diese Selbstwahrnehmungsfalle zusätzlich.
In stressigen Situationen wie Präsentationen – und mehr noch im digitalen Rahmen – tendieren wir dazu, unseren eigenen Körper zu vergessen und zu vernachlässigen. Deswegen zeigen uns die Expert:innen Übungen, um dem entgegenzuwirken. Dabei geht es um ein Aufwärmen von Körper und Stimme, um das Wahrnehmen des eigenen Körpers, sowie um die Beeinflussung der Körperhaltung auf unsere Stimmung und unser Auftreten. Wir strecken uns, lockern den Kiefer, öffnen den Brustkorb und expandieren unseren Körper in den Raum. Wir lernen, dass unser Körper ein Kommunikationsmittel ist, und dass dieses bewusst eingesetzt werden kann und soll. Die Übungen, welche nur als erste Einführung in das Erlernen von (analoger und digitaler) Auftrittskompetenz dienen, sollen zur physischen Selbstermächtigung beitragen.
In einem letzten Schritt wird erprobt, wie diese bewusste Körperlichkeit auch in den digitalen Raum übertragen werden kann. Dabei werden die Teilnehmenden in zwei Gruppen räumlich geteilt und per Zoom zugeschaltet. Eine Gruppe präsentiert, die andere hört zu. Die Gruppen kommen wieder zueinander und halten dieselbe Präsentation nach einem kurzen Feedback nochmals vor Ort. Danach wird noch einmal per Zoom präsentiert mit dem Versuch, den Körper so einzusetzen wie im analogen Auftritt. Bereits nach dieser kurzen Übung lässt sich ein Unterschied im Auftreten der Teilnehmenden feststellen.
So haben wir in diesem ELLA Lab gelernt, die Körperlichkeit von Kommunikation ernst zu nehmen. Wir sprechen immer auch mit dem Körper, und das Bewusstsein darüber ermöglicht ein sicheres Auftreten im analogen sowie im digitalen Raum. Die Expertise von Fabian und Mannel kann uns dabei als Hilfestellung dienen, sicher und gekonnt im digitalen Raum aufzutreten und zu kommunizieren.
Disziplinen
E-Learning, Theater
Mitwirkende
Mela Kocher (E-Learning, Game Design), Merlin Pohl (Digital Assistant), Mandy Fabian und Oliver Mannel (BA Theater ZHdK; https://www.fabianmannel.ch/),
Aufwand
Vorbereitung 1 Tag, Durchführung 2 Stunden
Text
Merlin Pohl
Literatur
Brené Brown: Die Macht der Verletzlichkeit, TED-Talk (dt.: https://www.ted.com/talks/brene_brown_the_power_of_vulnerability?language=de, engl.: https://www.ted.com/talks/brene_brown_the_power_of_vulnerability)
Amy Cuddy. "Dein Körper spricht für dich." Wilhelm Goldmann, München (2016).